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uwe-mantel.de

Längst bekannte Dinge “aufgedeckt”

22. September 2005 um 20:49

Symantec deckt Altbekanntes aufSchade, dass BILD-Redakteure nicht lesen können. Oder dass sie Texte, die sie lesen, nicht verstehen können. Oder dass sie Texte, die sie verstanden haben, mutwillig falsch widergeben. Was von den drei Dingen nun zutrifft, weiß ich nicht, aber dass eines zutreffen muss, zeigt sich heute wieder mal. Denn bei Bild.T-Online.de steht heute die Schlagzeile “Software-Schmiede Symantec deckt gefährliche Lücken auf!” mit dem Logo des Firefox. Warum das Schwachsinn ist? Weil es um den Threat-Report für das 1. Halbjahr ging. Und weil darin lediglich längst bekannte Lücken, die überdies - bis auf einige unkritische - bereits allesamt geschlossen wurden - aufgezählt werden. Die Aussage “Sicherheits-Report der Software-Schmiede Symantec deckt auf Firefox hat mehr brisante Lücken als Internet Explorer!” ist also schlicht falsch, denn wenn etwas geschlossen ist, dann ist es keine Lücke mehr. Und wenn man alle geschlossenen Lücken zählen wollte, dann würde wohl keine Software an einen Internet Explorer ranreichen. Im Artikeltext stehen dann sogar einige richtige Aussagen. Zum Beispiel auch, dass selbst Symantec, das sich sonst in diesem Report in Widersprüche nur so verstrickt, folgende Aussage macht:

Allerdings könne Mozilla die Schwachstellen schneller flicken als Microsoft.

Wie dann eine Aussage “Von einem Plus an Sicherheit kann hier also nicht die Rede sein.” seitens Symantec zustande kommt, ist nicht nachvollziehbar, genausowenig wie die völlig irreführende Überschrift von BILD. Aber das ist man ja gewohnt.

P.S.: Richtige Informationen über sicherheitsrelevante Bugs findet man natürlich wie immer bei Secunia. Für Firefox (less critical) und den Internet Explorer (highly critical)

Ergebnisinterpretationen

18. September 2005 um 18:36

Franz Müntefering hat mal wieder eine erstaunliche Interpretation der Dinge abgeliefert:

Das Ergebnis zeigt, dieses Land will Gerd Schröder als Kanzler haben.

Richtig ist zwar, dass die Union weit unter den Erwartungen blieb, aber: In allen Hochrechnungen liegt die SPD dennoch deutlich hinter der CDU/CSU. Rot/Grün ist überdeutlich abgewählt worden und kommt nach der ARD-Hochrechnung auf nur noch 41,8 Prozent, CDU/CSU und FDP aber auf 45,1 Prozent. Nun kann man viel in dieses Ergebnis interpretieren - aber nicht, dass die SPD die Wahl gewonnen hat und nicht, dass die Deutschen unbedingt Gerhard Schröder als Kanzler wollten.

Die Logik der SPD

28. Juni 2005 um 09:04

Am Freitag ist’s soweit, Kanzler Schröder stellt die Vertrauensfrage, will aber gar nicht das Vertrauen ausgesprochen bekommen. Dass das verfassungsrechtlich höchst bedenklich ist, dürfte klar sein. Neueste Idee der SPD um es trotzdem durchzubekommen: Alle SPD-Abgeordneten sollen sich enthalten. Begründung?

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler hält die angestrebte Enthaltung für überzeugend. “Wir wollen diese ‘Einladung zur Enthaltung’ aussprechen, weil es nicht sehr überzeugend wäre, wenn sich die Minister bei der Vertrauensfrage enthalten würden und alle anderen stimmen zu”, sagte Erler dem ARD-”Morgenmagazin”. Wenn sich über 200 Leute von der SPD-Fraktion enthielten, dann sei es leichter für den Bundespräsidenten, aber auch für das Bundesverfassungsgericht, zu sehen, dass da tatsächlich keine Absprache im Spiel sei.

Ja, nee, ist klar. Man diskutiert vorher öffentlich darüber, dass sich alle enthalten sollen - halt nein, man “lädt sie ein, es zu tun”, damit hinterher niemand sagt, es hätte eine Absprache gegeben. Selten habe ich eine öffentlicher ausdiskutierte Absprache gesehen…

SPD vs. Köhler

7. Juni 2005 um 22:15

Die SPD wird immer wunderlicher. Da schreibt der Spiegel heute:

SPD-Politiker greifen Köhler an

Im Streit über die geplante Vertrauensfrage von Kanzler Schröder gerät jetzt Bundespräsident Köhler in die Kritik von SPD-Politikern. Köhler gefährde mit gezielten Informationen eine “vertrauensvolle Zusammenarbeit”, sagte der stellvertretende Fraktionschef Michael Müller laut einem Zeitungsbericht.

Was die SPD wohl unter “vertrauensvoller Zusammenarbeit” versteht?
Dass die Herren Schröder und Müntefering ihn vorab nicht von deren Vorhaben, Neuwahlen herbeizuführen unterrichtet haben?
Oder dass Herr Schröder bis zum 1. Juli nicht kundtut, wie er das denn das überhaupt bewerkstelligen will?
Ist für die SPD eine “vertrauensvolle Zusammenarbeit” ein Abnicken eines unbekannten, verfassungsrechtlich bedenklichen Verfahrens durch den Bundespräsidenten, weil der Kanzler mal wieder einen Schnellschuss fabriziert hat?

“Wenn der Bundespräsident nicht auflöst, wissen wir nicht, was passiert”, zitierte die Zeitung einen als einflussreich beschriebenen, aber namentlich nicht genannten Abgeordneten.

Tja, das weiß ich auch nicht, aber das hätte sich der Bundeskanzler vielleicht schonmal vorher überlegen sollen. Vielleicht hätte er sich auch mal absprechen können. Vielleicht hätte er vorher Verfassungsrechtler befragen sollen. Vielleicht hätte er sich aufklären lassen sollen, dass eigentlich weder er, noch die Regierung und schon gar nicht die SPD darüber zu entscheiden haben, wann Neuwahlen sind. Es mutete schon etwas seltsam an, dass er am Wahlabend ankündigte, dem Parteipräsidium vorzuschlagen, Neuwahlen einzuleiten…

Müller forderte Köhler auf, nicht auf Schröders Demission zu bestehen. “Der Rücktritt wäre das Eingeständnis eines Scheiterns.” Dies sei aber nicht das Argument für die Vertrauensfrage. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hätten nicht über den Fall nachgedacht, dass die Bundesregierung wegen einer anderen Mehrheit im Bundesrat blockiert sei. “Da hat der Bundespräsident die Verantwortung.”

Wenn die SPD findet, dass die Verfassungsväter etwas vergessen haben - wieso nötigt sie dann ein anderes Verfassungsorgan dazu, die Verfassung zu brechen oder zumindest so zu biegen, dass es ihr in den Kram passt? Warum strebt sie nicht eine Verfassungsänderung an, wenn es doch daran liegt?
Und mehr noch: Wie will die SPD eigentlich die Situation ändern, dass die Bundesregierung “wegen einer anderen Mehrheit im Bundesrat blockiert” ist? Das geht nur, indem sie sich abwählen lässt oder zurücktritt, denn ansonsten ändert sich an der Situation ja nichts. Ein Rücktritt wiederum ist für Herrn Schröder verfassungsrechtlich völlig unbedenklich möglich.

Also, das ganze wird immer wunderlicher…

Bolko Hoffmann

6. Juni 2005 um 17:25

Da schlage ich dieser Tage zur Abwechslung mal wieder eine Zeitung auf und wer blickt mich da in einer ganzseitigen Anzeige an? Bolko Hoffmann! Der putzige Multimillionär, der mit seinem Geld nichts besseres anzufangen weiß, als plumpe Kampagnen gegen den Euro zu fahren und gleich eine ganze Parte “Pro DM” zu gründen.

Nun haben in den vergangenen Tagen ja Frankreich und die Niederlande die europäische Verfassung abgelehnt - was für eine Vorlage für den messerscharfen Analysten Bolko. So schreibt er in großen Lettern in der Anzeige:

Jetzt haben Frankreich und die Niederlande die Europäische Verfassung abgelehnt, weil keiner die Euro-Währung haben will.

Was für eine sensationelle Analyse. Gut, vielleicht stört ein bißchen die Tatsache, dass der Euro gar nicht zur Debatte geschweige denn zur Abstimmung stand, sondern wie Bolko schon richtig erkannte die europäische Verfassung, aber sonst: Glasklar erkannt, Bolko… Ich bin schon gespannt, was er morgen als “Beweis” dafür bringt, dass der Euro sooooo böse ist.

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