Schon wieder Papst
Ich bin gerade über eine sehr lesenswerte Kolumnne über das seltsame Verhalten der Medien rund um den Tod des alten und die Wahl des neuen Papstes gestoßen… Ein Auszug
Und die Jugend erst, die Jugend! Sie lag dem Papst (hier nach belieben Insider-Synonyme einfügen: Pontifex, Heiliger Vater, Karol Wojtyla) zu Füßen � ach was, sie warf sich vor ihm in die Pfützen, auf dass kein Wasser seinen Fuß netze, wenn ich der Berichterstattung glauben darf. Ich habe zwar in meinem ganzen Leben noch nie einen jungen Menschen kennengelernt, dem der Papst (egal, welcher) ein Fixstern am persönlichen Firmament gewesen wäre, aber ich kenne vielleicht einfach die falschen Leute. Die ganz, ganz l-a-n-g-s-a-m sprechende Frau auf Phoenix sagt: “Die Jugend liebte diesen Papst!” Faszinierend finde ich daran vor allem: wie hat der Mann das bloß geschafft, dass er in den Augen der Medien in Windeseile vom reaktionären Hardliner zum “Papst für die Ewigkeit” (Bunte-Extra) geworden ist? Das Phänomen ist ganz einfach zu erklären und nachzuahmen - dies als Tipp an andere Herren mit Imageproblemen, wie Bush, Wolfowitz oder Berlusconi. Man muss nur gegen den Irakkrieg sein, wenn alle gegen den Irakkrieg sind. Und man muss sterben, wenn alle Kameras laufen. Dass mein lieber Kollege Hannes Stein der Meinung ist, beides sei ihm ein zu hoher Preis für ein besseres Bild in der Öffentlichkeit, beweist nur, dass er keine Ahnung davon hat, wie es ist, unter dem Druck dieser Öffentlichkeit zu stehen, als Stellvertreter Jesu Christi auf Erden - der Daumenschrauben als Machtmittel beraubt, aber mit dem gnadenlosen Zwang zur Folklore, weil immer weniger Menschen Kirchensteuer zahlen und trotzdem immer mehr Klatsch und Tratsch über einen alten Mann in einem weißen Kleid erfahren wollen.