Von wegen Nichtraucherbahnhof
(gesehen und gerochen kürzlich am Würzburger Hauptbahnhof)
(gesehen und gerochen kürzlich am Würzburger Hauptbahnhof)
Als die Bahn die Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Köln gebaut hat, wurde viel Geld investiert. Und als regelmäßiger Bahnfahrer auf genau dieser Strecke möchte ich sagen: Es hat sich gelohnt. Die Verkürzung der Reisezeit liegt bei einer vollen Stunde. Dafür ist man dann auch gerne bereit, den Aufpreis zu bezahlen, den die Bahn im Vergleich zur alten, am Rhein entlang führenden Strecke erhebt.
Zumindest wäre man gerne bereit, wenn die Bahn das ganze im weiteren Verlauf der Strecke nicht völlig ad absurdum führen würde. Der Fahrplan des Zuges, mit dem ich regelmäßig fahre, sieht nämlich so aus:
Ja, in Mannheim steht der ICE, der vorher mit 300 km/h durchs Land gerast ist, fahrplanmäßig 12 Minuten. In Karlsruhe dann noch einmal 11 Minuten. Fahrplanmäßig. Wenn man nicht gerade noch auf “Anschlussreisende” (tolle Wortschöpfung der Bahn) warten muss. So wie am Mittwoch. Die Weiterfahrt verzögerte sich da wegen eines verspäteten ICEs aus Hamburg noch einmal um weitere 13 Minuten. Es war 21:24 als sich der ICE wider Erwarten doch noch in Bewegung setzte - nach sage und schreibe 24 Minuten Aufenthalt in Karlsruhe.
Zusammen macht das eine Standzeit von rund 35 Minuten in Karlsruhe und Mannheim. Das frisst mehr als die Hälfte der eingesparten Zeit wieder auf - eingesparte Zeit, die sich die Bahn wohlgemerkt durch den schon angesprochenen Aufpreis auf der Strecke Köln - Frankfurt bezahlen lässt.
Der eigentliche Höhepunkt nach diesen 35 Minuten Stillstand war dann aber diese Durchsage einige Minuten später: “Der Regionalexpress um 21:36 Uhr in Baden-Baden kann leider nicht warten. Die nächste Reisemöglichkeit besteht um 22:47 Uhr.” Wir waren dank der Verspätung um 21:38 Uhr in Baden-Baden.
Einer exklusiven Umfrage in meiner Wohnung zufolge, nimmt das Verständnis für den Streik der Lokomotivführer mehr und mehr ab. 100 Prozent der Befragten finden die GDL scheiße und würde sie am liebsten auf den Mond schießen.
Diese Umfrage scheint in etwa die gleiche Relevanz zu besitzen, wie alle anderen in den vergangenen Wochen veröffentlichten. Nahezu jeden Tag scheint irgendein Meinungsforschungsinstitut derzeit die Stimmung in Sachen Bahnstreik einzufangen - und nahezu jeden Tag kommt man zu einem anderen Schluss.
Am Dienstag um 14:54 Uhr teilte N24 noch mit:
Die Unterstützung für die Aktionen der GDL-Lokführer ist ungebrochen: 59 Prozent der Befragten erklärten sich in der Frage nach den Streiks solidarisch mit der GDL.
Emnid-Chef Schöppner will sogar ermittelt haben, dass die Zustimmung in der Bevölkerung sogar noch gestiegen ist, wie er gerade auf N24 kundtat und sprach von einer “Mär der Bahn”.
Vielleicht hat aber auch einfach Herr Schöppner gerade Märchen erzählt. Zumindest will man beim “Stern” etwas ganz anderes herausgefunden haben, wie es am Mittwoch um 8 Uhr in einer Pressemitteilung heißt:
Die Sympathie der Bevölkerung für den Streik der Lokführer, die für diesen Donnerstag und Freitag zu einem 30-stündigen Ausstand im gesamten deutschen Nahverkehr aufgerufen haben, bröckelt weiter ab. In einer Umfrage für das Hamburger Magazin stern finden nur noch 45 Prozent der Bürger die Aktionen der Lokführer-Gewerkschaft GDL richtig - Anfang Oktober hatten sie noch die Unterstützung von 55 Prozent der Bürger.
So, da ist doch jetzt für jeden was schönes dabei und die Umfrageinstitute freuen sich auch, dass sie von allen möglichen Magazinen und Institutionen Geld für offensichtlichen Nonsens bekommen.
Morgen ist also Streik bei der Bahn, obwohl man sich auf neue Verhandlungen geeinigt hat. Die hanebüchene Begründung: So kurzfristig könne man diesen nicht mehr absagen. Stellt sich nur die Frage: Warum? Müssen sich Lokführer erst 24 Stunden lang seelisch aufs Arbeiten einstellen?
Aber immerhin: Humor hat man bei der Bahn allemal.
Das genaue Ausmaß könne wegen der kurzfristigen Streikbekanntgabe zunächst nicht überblickt werden, sagte Personenverkehrsvorstand Karl-Friedrich Rausch: “Wir sind aber sicher, dass es zu vielen Ausfällen, zu vielen Zugverspätungen kommen wird.” Es sei nicht mehr möglich gewesen, Ersatzfahrpläne aufzustellen. Es würden 100 Busse bereitgestellt
Ah ja.
Am Freitag am Bahnhof Frankfurt Main Süd. “Eben nicht”, wollte man ihnen zurufen…